Aber die riechen doch meist auch widerlich …
Ob etwas für uns gut riecht oder eben stinkt, ist meistens gelernt. Wenn du zum Beispiel irgendwo entlangläufst und dann geht eine Frau an dir vorbei und die trägt den Duft deiner ersten Frau, dann denkst du „Fuck, was ist denn jetzt los“! Das geht direkt in dein emotionales Zentrum.
Das liegt daran, dass die Region für Erinnerungen und Gerüche im Gehirn die gleiche ist.
Nicht ganz. Das limbische System ist ein Überbleibsel von einem alten Teil unseres Gehirns. Das, was wir riechen, ist eher eine Emotion als ein Reiz, der nur einem Attribut unterliegt, wie zum Beispiel auberginenfarbig. Darüber gibt es nichts zu diskutieren, niemand kann dir erzählen, dass das grün ist. Gerüche hingegen sind sehr subjektiv. Wenn einer bei seiner Oma aufgewachsen ist und die hat immer Vanillekuchen gebacken, das Enkelkind aber immer verdroschen, dann wird derjenige keine gute Erinnerung an Vanillekuchen haben. Wenn du aber mit deiner Oma den Vanillekuchen gemeinsam draußen auf einer Parkbank gegessen hast, wirst du positive Erinnerungen damit verbinden. Folglich wirst du für den Rest deines Lebens diese Erinnerung an den Kuchen positiv besetzen, wohingegen der andere schon Schweißperlen auf der Stirn bekommt, wenn er nur den Geruch wahrnehmen muss.
Was bedeutet das für einen Parfümeur oder die Industrie?
Wir haben alle unser eigenes olfaktorisches Gedächtnis. Deswegen kann man Düfte auch ganz schwer quantitativ besetzen. Es ist eben nicht für uns alle gleich. Wir haben alle viele Gerüche, aber unterschiedliche Eindrücke. Und dann sind diese unterschiedlichen Eindrücke auch noch mit unterschiedlichen Attributen besetzt. Mein Vater meint immer, ganz klar, „Old Spice“ wäre der frischeste Duft überhaupt. Dabei ist „Old Spice“ eines der süßesten Parfums. Aber das kann ich meinem Vater nicht erklären, weil damals in der Werbung von „Old Spice“ ein Seemann gezeigt wurde, Meer, Meeresbrise. So wurde suggeriert, dass „Old Spice“ frisch ist.
Sind der Geruch und der Duft in einem Store nun wichtig oder nicht?
Du wirst es mit einem Geruch wahrscheinlich nicht jedem recht machen können. Viele fühlen sich zu Recht auch schon attackiert, wenn sie irgendwo hinkommen und merken, da hängt ein Parfum in diesem Laden oder Restaurant. Das empfinde ich auch als störend. Wenn ich irgendwo hingehe zum Essen, dann möchte ich nicht, dass die Tussi hinter mir „Angel“ oder irgendsoeinen anderen Hammer trägt, der sofort den ganzen Laden einnebelt. Das kann sie selber ganz toll finden, aber Menschen haben unterschiedliche Toleranzen für Düfte. Prinzipiell haben wir zwar die gleiche Nase, aber manche Nasen sind eben besser trainiert als andere.
„Angel“ magst du nicht so gerne?
Wenn eine Frau nach „Angel“ riecht, kann sie gleich heimgehen.
Ich kann aber davon ausgehen, dass der Geruch von frischen Semmeln in einem Laden für die Mehrheit positiv besetzt ist?
Das ist überhaupt ein positiver Geruch, weil er immer Frühstück und Pause suggeriert. Es wird niemand sagen, „Furchtbar, frische Semmeln“. So wie der Geruch von frisch gebrühtem Kaffee.
Kann man Gerüche lokal produzieren? Im Bereich wo Gebäck verkauft wird, Duft nach Semmeln, im anderen Bereich Kaffee …?
Diese Gerüche für Backshops oder diesen Kram funktionieren nicht. Du kannst die Gerüche nur über das Echte hineinbringen. Selbst diese komischen Backshops, die sich jeden Morgen ihre halbgaren Brötchen aus Polen liefern lassen und die dann in den Ofen reinschieben – selbst da entsteht durchs Backen dieser Geruch. Du kannst nämlich eines nur ganz schwer nachmachen – physische Gerüche.